10 Dinge, die sich in unserem Leben seit unserem Umzug nach Singapur verändert haben

Ein halbes Jahr leben wir jetzt schon in Singapur. Als wir letztens in meinem Lieblingsrestaurant saßen, haben wir darüber gesprochen, was die größten Unterschiede ausmacht, zwischen unserem Leben hier und dem, das wir in Berlin hatten. 

1. Wir haben kein Auto mehr

Wir beide hatten seit unserer Führerscheinprüfung immer ein Auto. Während ich in den letzten Jahren vermehrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren bin, ist Daniel wirklich überall mit dem Auto hingefahren. Jetzt in Singapur sind wir ohne Auto, hauptsächlich weil Autofahren hier viel zu teuer ist. Wenn man in Singapur ein Auto besitzen möchte, muss man eine Berechtigung für zehn Jahre von der Land Transport Authority erwerben. Die Gebühr schwankt je nach Größe und Marke, kann aber bis zu 60.000 Euro oder mehr kosten. Parkgebühren werden auch fast überall fällig. Dazu kommt, dass auch das Auto an sich hier vier teurer als in Deutschland ist. So ergibt sich dann beispielhaft für einen BMW 1er Neuwagen, den man in Deutschland ab 28.300 € (Mai, 2020) bekommt, ein Preis von umgerechnet rund 88.000 € in Singapur (Mai, 2020).

Positiv hervorzuheben ist, dass Taxis und Taxi-Alternativen, wie Grab und Gojek, in Singapur durchaus bezahlbar sind und man daher sehr komfortabel und sogar ohne lästige Parkplatzsuche überall hinkommt. Auch die öffentlichen Verkehrsmittel sind vergleichsweise günstig und deutlich moderner und sauberer als in Deutschland. Daniel fährt täglich damit zur Arbeit. Auch wenn das Verkehrsnetz noch nicht so gut ausgebaut ist, wie in anderen Großstädten. Aber Singapur arbeitet dran.

2. Raus aus der Sonne

Vorweg gesagt, ich liebe das Wetter hier. Wir waren vorher ein wenig skeptisch, da viele meinten, dass es in Singapur unaushaltsam heiß und schwül sei. Uns wurde sogar abgeraten, eine Wohnung mit Balkon zu mieten, da wir den eh nie nutzen würden. (Wir nutzen ihn JEDEN Tag!)

Aber dennoch, wer hätte gedacht, dass ich mich als Sonnenanbeterin schlechthin des Öfteren in den Schatten setze und es auch mal genieße in einer klimatisierten Umgebung zu sein. 

Bevor wir nach Singapur gezogen sind, habe ich wirklich versucht JEDE Sonnensekunde zu nutzen und jeden einzelnen Sonnenstrahl einzufangen. Daniel war in Berlin gelegentlich der Leidtragende, da ich häufig alles stehen und liegen lassen habe, um direkt morgens raus in die Sonne zu kommen.

Singapur liegt nur ein Grad vom Äquator entfernt, daher scheint im Jahresmittel 5,5 Stunden am Tag die Sonne. Die Jahrestemperaturen schwanken nur zwischen 24,8°C und 32,5°C Grad, im Mittel sogar nur zwischen 27,5°C und 29,4°C. Wobei ich finde, dass das Wetter eigentlich beinahe immer gleich (warm) ist.

Wenn die Sonne scheint, dann ist die Intensität extrem hoch. Im Jahr 2018 wurde zweimal ein UV Index von 15 gemessen – ein UV Index von 11 ist hier normal. Ich kann mich nicht erinnern, in Berlin mal einen höheren UV Index als 7 gesehen zu haben. Daher gehe ich besonders zwischen 11 und 14 Uhr nun doch in den Schatten, da ich mir meine Haut nicht komplett zerstören möchte. Das heißt aber nicht, dass ich nicht draußen bin. Ich bin noch immer kein Fan von Klimaanlagen, aber gelegentlich tut die Abkühlung schon gut. Daniel erzählt mir aber regelmäßig, dass sein Büro völlig unterkühlt ist und er dort mit Pullover sitzt… auch irgendwie paradox.

3. Kleiderschrank: Aus sechs Metern wurden zwei

In Berlin hatten wir den Luxus, nicht nur einen großen Kleiderschrank sondern gar ein ganzes Zimmer nur für unsere Kleidung zu besitzen. Das Zimmer wurde auch für andere Zwecke benutzt (z.B. Bügeln, Wäsche und dergleichen), aber dennoch. Unter anderem stand dort ein 6 m langer Pax-Schrank sowie zwei Kommoden, prall gefüllt mit Kleidung und Schuhen. Glücklicherweise (!) haben wir diese Schränke nicht nach Singapur mitgenommen. Denn hier in Singapur gehören Einbauschränke bzw. Kleiderschränke zum Inventar dazu. Das hat zum Vorteil, dass man sich keinen teuren Kleiderschrank kaufen und ihn aufbauen muss. Aber entsprechend ist man auch auf den in der Wohnung verbauten Kleiderschrank beschränkt. Für uns war das durchaus ein Problem bei der Wohnungssuche, denn wir wussten, dass im Container mind. Kleidung für 5 Meter kommen würde (ein bisschen hatten wir aussortiert). Und teilweise haben wir hier wirklich Wohnungen gesehen, da wurden ein paar Regalbretter und eine winzig-kleine Kleiderstange als “Kleiderschrank” verkauft. Am Ende haben wir eine Wohnung gefunden, die immerhin 2 Meter Kleiderschrank anbietet und im Wohnzimmer ebenfalls eine kleine Nische für die Aufbewahrung von Klamotten vorgesehen hat. Mithilfe einer zusätzlichen Kommode, die wir hier von IKEA besorgt haben, kommen wir nun ganz gut zurecht. Ach, was heißt gut. Ganz ehrlich, von dem mir zugeteilten Kleiderschrank benutze ich eigentlich auch nur die Hälfte. Hier ist es eben immer gleichwarm, man benötigt keine Winterkleidung und auch wenige “dicke” oder “platznehmende” Klamotten. Das ist schon ein riesiger Vorteil, auch wenn mir als Modeliebhaber manchmal schon mein Kleiderzimmer fehlt…

Das war mal.

4. Keine Geschirrspülmaschine

In Singapur ist es leider nicht üblich, eine Geschirrspülmaschine in der Wohnung zu haben. Von allen 30 Wohnungen, die wir besichtigt haben, hatten zwei eine Geschirrspülmaschine. Und auch von allen Kollegen, die Daniel gefragt hat, hat keiner eine Geschirrspülmaschine. Das heißt für uns, abwaschen, abwaschen, abwaschen. Sehr nervig, das hätte ich vom fortschrittlichen Singapur tatsächlich nicht erwartet, zumal eine Geschirrspülmaschine meist weniger Wasser verbraucht, als das manuelle Abwaschen.

5. Weniger Shoppen, mehr Natur

Bevor wir nach Singapur gezogen sind, habe ich zugegeben gerne meine Wochenenden oder Feierabende in der Stadt verbracht. Ich bin durch die Straßen geschlendert, habe mich in Boutiquen umgesehen und das ein oder andere Teil gekauft. Gerade am Wochenende haben wir auch viele Freunde in der Stadt getroffen, z.B. im KaDeWe oder in einem Café am KuDamm.Die ersten Wochen in Singapur haben wir versucht, diese Tradition aufrecht zu erhalten und waren beinahe jedes Wochenende an der ORchard Road. Leider ist es dort nicht nur hektisch und voll, sondern vor allem teuer. Und es wurde immer offensichtlicher, dass es hier, oder zumindest an der Orchard Road, keine Schlender-Kultur gibt, wie wir sie aus Berlin oder anderen europäischen Großstädten kannten. Wir hatten aber auch keine sozialen Kontakte, die wir an der Orchard Road auf einen Kaffee treffen konnten. Und da das Wetter sich hier kaum ändert, war auch der Bedarf an neuer Kleidung äußerst gering. So hat sich die wöchentliche Shopping-Kultur immer mehr verabschiedet und inzwischen verbringen wir unsere Wochenenden viel lieber im Park oder Beach Club, als auf der Shoppingmeile. Ich kaufe aber auch online deutlich weniger ein als vorher. Man braucht einfach nicht so viele Sachen.

Singapur’s Southern Ridges, ein 10 Kilometer langer Wanderweg auf Hochbrücken.

Singapur’s Southern Ridges, ein 10 Kilometer langer Wanderweg auf Hochbrücken.

6. Singlisch

Ein sicherlich auch wichtiger Punkt ins Ausland zu gehen ist eine neue Sprache zu lernen oder wenn man sie bereits spricht zu festigen. Die Amtssprache in Singapur ist offiziell Englisch, allerdings wird hier oft viel mehr Singlisch gesprochen – eine englisch-basierte Kreolsprache. Das wird besonders deutlich, wenn man Singapurer umgangssprachlich miteinander reden hört. Daniel berichtet zwar, dass bei der Arbeit vermehrt “proper” englisch gesprochen wird, allerdings bemerkt er des Öfterenauch hier und da das Singlisch durchkommt. Ganz präsent dabei ist die Satzendung ‘lah’. Schwierig sind aber neben Singlisch an sich auch die verwendeten Wörter. Das haben uns auch befreundete Muttersprachler aus Amerika bestätigt, die teilweise ziemliche Probleme haben, einem Singapurer zu verstehen. Es werden teilweise alt-englische Wörter verwendet, in teilweise auch in nicht ganz korrektem Kontext und dazu hört es sich manchmal an wie eine sehr vereinfachte Sprache. Hier mal ein paar Beispiele:

“This place is expensive, lah.”

“Can you do dis?” “Can-lah!”

„Can help me do dis?“ „Can, can, confirm can.”

“You wan drink or not?”

“Do you have a pen?” “Don’t have”

Ebenfalls wichtig ist das “chopen”, was so viel bedeutet wie reservieren. Wenn es ums Reservieren geht stehen die Singapurer den Deutschen ins nichts nach. Das Handtuch der Deutschen ist hier übrigens eine Taschentuchpackung.

Insgesamt wird das Englisch sicherlich schon besser, insbesondere wenn man internationale Kontakte aufbaut. Aber in einigen Punkten wird unser Englisch auch tendenziell eher verschlimm-bessert.

7. Singapur ist digital

Auch wenn wir an der ein oder anderen Stelle die Effizienz Singapurs nicht gemerkt haben, muss man aber auf jeden Fall sagen, dass Singapur wirklich digital fortschrittlich ist. Es fängt beim Flughafen Changi an, der extrem schnell und effizient ist und hört beim Einkaufen auf. Wir benutzen beide unsere Portemonnaies so gut wie gar nicht mehr, da man überall kontaktlos mit seinem Handy direkt, per App oder PayNow zahlen kann. Selbst in unsere Wohnung kommen wir ohne Schlüssel nur mit Handy und einem Code. Eine klassische Klingel gibt es auch nicht. Wenn wir Besuch oder eine Lieferung bekommen, werden wir auf dem Handy angerufen und können per Telefon die Haustür öffnen.

8. Daniel mag Hawker-Streetfood

Sind wir mal ehrlich: Daniel ist schon sehr speziell, wenn es ums Essen geht. Kein Fisch oder Meeresfrüchte kommen ihm auf den Teller. Fleisch muss am besten mager und ohne Fett sein und eigentlich ist er auch nur die Sachen, die er schon kennt. Dazu sollte die Küche entsprechend hygienisch aussehen. Beste Voraussetzungen um in den Singapurer Hawker Centern täglich Mittag zu essen 😉 Daniels Arbeit liegt mitten in einem Industriegebiet, daher sind die Hawker Center eher unterdurchschnittlich was die Qualität angeht (das wurde ihm von seinen Kollegen auch bestätigt). Was anfänglich, wirklich eine regelrechte Herausforderung war, ist nun um 180° gedreht. Daniel hat jetzt seine Lieblings Hawker-Stalls bei denen er abwechselnd essen geht und mag das Essen tatsächlich auch. Und wenn er mal eine Abwechslung braucht, treffen wir uns zu einem Lunchdate in einem “richtigen” Restaurant.

9. Verena kocht

Zugegebenermaßen habe ich vor unserem Umzug nach Singapur nur selten gekocht und so richtig oft war ich von meinem Kochresultat nicht überzeugt. Stattdessen habe ich das genossen, was Daniel zubereitet hat. Das hat sich gewandelt, nachdem ich mich im Zuge unseres Umzugs Selbstständig gemacht habe und vermehrt von zu Hause gearbeitet habe. In dieser Zeit habe ich das Kochen für mich entdeckt und – auch wenn Eigenlob stinkt – bin ich nun echt überzeugt von meinen Künsten und habe viel Spaß daran. (Daniel schmeckt es aber auch 😉 ) In Singapur koche ich nun deutlich häufiger. Daniel arbeitet den ganzen Tag und ich kann ja nicht jeden Tag essen gehen. 

Unsere neuste Spezialität: Spagetti Carbonara

10. Singapur ist verdammt teuer

Das Leben in Singapur ist teuer. Ich glaube, das steht außer Frage. Dennoch mussten wir in den ersten Wochen und Monaten teilweise immer noch schlucken, wenn wir die Preise gesehen haben. Dazu muss man sagen, dass Berlin im internationalen Vergleich der Hauptstädte aber auch echt günstig ist.

Dennoch: S$25 (16 Euro) für Erdbeeren, S$30 (19 Euro) für einen mittelmäßigen Wein im Supermarkt oder auch ein Glas im Restaurant für S$18 (12 Euro), S$25 (16 Euro) für eine Pizza Margarita im Restaurant und ein Cocktail für S$24 (15 Euro) sind eben schon Preise bei denen man sich zweimal überlegt, ob man es sich gönnt oder lieber sein lässt. 

Jetzt, ein halbes Jahr später, haben wir uns so langsam an die Preise gewöhnt. Auch wenn ich glaube, dass ich mich mehr als Daniel mit den Preisen “angefreundet” habe. Ich nehme sie so hin, während er teilweise immer noch kopfschüttelnd vor den Regalen im Supermarkt steht. Aber was soll man machen? Es ist eben teuer hier.

Wir sind sehr gespannt was uns in der weiteren Zeit noch für Unterschiede auffallen werden und inwieweit Singapur unseren Lebensstil verändert.


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