Auswanderung: Wie wird aus einem Traum ein konkreter Plan?
In meinem letzten Beitrag habe ich davon berichtet, woher der Wunsch kam, ins Ausland zu gehen. Ich habe auch von unserer Liebe zu Amerika berichtet. Wieso es uns letztendlich nach Singapur verschlagen wird? Nun, das hat mehrere Gründe, die insbesondere etwas mit dem „Wie“ zu tun haben. Denn der Traum vom „neuen“ Leben in der Ferne ist gar nicht so einfach zu realisieren.
Wie kommt man eigentlich ins Ausland und was ist dafür notwendig? Fakt ist: Der Traum vom Ausland allein reicht nicht. Und: Machen wir uns nichts vor: Er existiert auch nicht. Denn das Leben im Ausland wird kein Dauerurlaub sein, sondern eben ein Leben. Mit seinen Höhen und Tiefen. Völlig ungewohnt, ohne soziale Kontakte, ohne festen Rhythmus, ohne Stabilität im Alltag und mit unvorhersehbaren Ereignisses. Das muss man sich vorher klarmachen.
Gerade deshalb trauen sich viele am Ende wohl nicht, auch wenn sie vielleicht schon länger mit dem. Wunsch spielen. Möglicherweise ist die Verwurzelung mit der Heimat zu groß, die Bindung zu Familie und Freunden zu stark oder das Leben samt Alltagstrott zu komfortabel. Da ist die Verlockung groß, sein Leben einfach wie bisher weiterzuleben, mit den Freunden, die man so lieb gewonnen hat, oder den Verwandten, mit denen man sein ganzes Leben verbracht hat. Man muss für Veränderung also offen sein und braucht eine große innere Antriebskraft, insbesondere um bequeme Situationen zu verlassen. Raus aus der Komfortzone.
Und: Der Wunsch nach einem Leben im Ausland muss immens groß sein. So groß, dass auch Niederlagen einen nicht erschüttern, denn die werden kommen. Wir hatten auf unserem Weg ins Ausland große und kleine Schwierigkeiten zu bewältigen, teilweise haben wir auch so einiges infrage gestellt, Pläne über Bord geworfen und neue geschmiedet. Trotzdem blieb der Wunsch, es durchzuziehen, immer bestehen und trieb uns an, weiterzumachen und uns nicht abbringen zu lassen.
Das ist jedoch alles andere als leicht, denn ganz ehrlich: Egal wie gut der Freundeskreis, wie fest der Familienbund: Nicht jeder kann den Wunsch nachvollziehen. Man muss also damit rechnen, nicht ausschließlich auf Zustimmung zu stoßen. Unsere Familie und Freunde haben ganz unterschiedlich reagiert: Für einige war der Wunsch so gar nicht nachvollziehbar, andere sahen eine große Chance für uns.
Aber sicher keiner hat sich darauf gefreut, uns in absehbarer Zeit weniger oder kaum mehr sehen zu können. Mich persönlich haben unverständliche Kommentare und Reaktionen offen gesagt immer eher angespornt, der Traum wurde dadurch in gewisser Art exklusiver. So nach dem Motto „Jetzt erst recht“. Für Daniel war das Argument der Sprache und beruflichen, aber vor allem auch persönlichen Weiterentwicklung immer entscheidend. Jeder ist da anders.
Das Thema Finanzen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, denn der Weg ins Ausland ist leider nicht umsonst, sondern kann sehr teuer sein. Somit sollte man genug Geld ansparen (einige Auswanderer empfehlen mind. sechs Monatsgehälter). In jedem Fall sollte man schon frühzeitig den Arbeitsmarkt seines Ziellandes checken. Wie sind die Bedingungen, wie sind die Chancen auf einen Job in seiner eigenen Branche? Lohnt sich evtl. sogar eine Fortbildung/Weiterbildung/Selbstständigkeit? Benötigt man bereits bei der Einreise ein Arbeitsvisum, oder kann man auch über ein anderes Visum ins Land und sich vor Ort um einen Job kümmern? Ich habe schon von einigen gehört, dass sie sich im Ausland über LinkedIn beworben und ohne jeglichen persönlichen Kontakt in einem anderen Land eingestellt wurden, teilweise inklusive Visum. Da gehört wohl aber auch immer ein Quäntchen Glück zu.
Sicherer ist der Schritt über seinen Arbeitgeber. Über ein Unternehmen mit Auslandssitz ist auf den ersten Blick einfacher, zumindest was die Visums-Angelegenheiten und finanzielle Mittel angeht. Allerdings ist man dadurch auch an einen gewissen Vertrag und damit einhergehende Verbindlichkeiten gebunden, wodurch die Auswahl sich möglicherweise auf gewisse Länder und auch den Job einschränkt.
Wir haben am Ende aber eben den sicheren Weg gewählt und werden über Daniels Arbeitgeber ins Ausland gehen. Und genau das ist schließlich auch der Grund, warum wir jetzt nach Singapur ziehen, und nicht in die USA, wo wir ja ursprünglich hinwollten. Die Entscheidung fiel jedoch nicht von heut auf morgen, sondern hat uns eine Weile beschäftigt. Spätestens nach dem Pre-Move-Visit, der freundlicherweise von Daniels Arbeitgeber angeboten wurde, war aber klar, dass wir es probieren würden. Am Ende war der Wunsch nach einem Auslandsaufenthalt so groß und die Planung schon so weit fortgeschritten, dass das Land in der Priorität ein wenig nachrangig war.
Nachtrag April 2020: Im Nachhinein weiß ich übrigens nicht, ob ich diese Entscheidung noch einmal so vertreten würde. Denn das Land, in das man zieht, spielt schon eine große Rolle und wenn man ein gutes Bauchgefühl hat, sich mit Kultur, Land und Leuten identifizieren kann und somit ein Leben gut vorstellen kann, dann sollte man darauf auch vertrauen und dieses Ziel verfolgen. Und dann im Zweifel vielleicht lieber länger warten, bis es dann klappt.
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