Umzug ins Ausland: Der Umzugstag

Die Verladung unserer Möbel in den Container fiel auf einen Montag. Das Datum hatten wir bewusst so gelegt, damit wir an dem Wochenende davor noch zwei freie Tage hatten, an denen wir Zeit mit Familie und Freunden verbringen konnten und natürlich, um die letzten Dinge für den Umzug vorzubereiten.

Wir gingen übrigens im Vorfeld davon aus, dass es sich nur um wenige Stunden handeln würde. Immerhin hatten wir schon selbstständig einen großen Anteil eingepackt und beschriftet und die Kisten stapelten sich bereits sortiert in einem unserer Räume. Außerdem hatte uns der Mitarbeiter der Umzugsfirma bei der Begehung der Wohnung bereits verkündet, dass die Verpackung und Verladung keine sechs Stunden dauern würde. Da wir ja nun bereits umfassende Vorarbeit geleistet hatten, schätzten wir hochmotiviert, dass wir zur Mittagszeit durch sein würden.

Falsch gedacht. Leider hatten wir das Pech, dass zwei von vier der Möbelpackern ihren ersten Tag hatten und einer der Erfahrenen auch noch zur Mittagszeit gehen musste. Außerdem musste immer einer am Container stehen und aufpassen (In Berlin-Wedding sicher keine schlechte Idee ;), weshalb am Ende tatsächlich nur zwei Mitarbeiter mit dem Verpacken und Verladen in der Wohnung beschäftigt werden konnten und Daniel am Ende selbst mit anpackte, um den ganzen Alptraum irgendwie zu beenden.

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Aber der Reihe nach:

07:55 Uhr

Der Montagmorgen begrüßte uns mit strahlendem Sonnenschein. Es war ein wunderschöner Herbsttag! Pünktlich um kurz vor 8 Uhr kam das Umzugsteam mit dem Container angefahren und parkte vor unserer Haustür. Damit der wuchtige Umzugswagen genug Platz haben würde, wurde im Vorfeld eine großzügige Fläche mit Halteverbotsschildern abgesperrt. Zu Beginn waren wir voll motiviert, boten allen Mitarbeitern erst einmal einen Kaffee an und führten sie durch die Wohnung.

Danach ging es direkt los: Alle Sachen, die in den Umzugscontainer gepackt werden, bekamen eine Inventarnummer und wurden in eine Inventarliste eingetragen. Dabei wurde ganz genau vermerkt, welche Kisten wir im Vorfeld persönlich gepackt hatten und welche die Mitarbeiter des Umzugsunternehmens packen würden. Ich denke, das ist eine Absicherung für das Umzugsunternehmen.

Der Prozess wurde so auch einem der Neulinge erklärt und er wurde im Anschluss damit beschäftigt, die von uns vorgepackten Kisten zu prüfen, sie mit Füllmaterial auszutopfen, sie zu bekleben und in die Inventarliste einzutragen. Ein wenig problematisch war, dass er das erstens vorher noch nie gemacht hatte und zweitens auch kein Englisch konnte. Für den Zoll musste aber alles auf Englisch gekennzeichnet werden, sowohl die Kisten, als auch die Inventarliste. Das führte dazu, dass nach einer Stunde wieder mehrere Kisten geöffnet, umgepackt und neu beschriftet sowie nummeriert werden mussten.

08:30 Uhr

Wir nutzten die Zeit dazu, Koffer zu packen. Denn viele Kleidungsstücke, Schuhe, persönliche Gegenstände und wichtige Dokumente sollten nicht im Container verladen, sondern mit uns nach Singapur fliegen. Dafür hatten wir ein paar Koffer organisiert, die wir in einem der Zimmer nebeneinander aufklappten und systematisch durchpackten.

Bei unserer Abschiedsfeier hatten wir zudem einige liebe Geschenke bekommen und wir nahmen uns endlich die Zeit, diese in Ruhe auszupacken und ein paar liebe Worte zum Abschied zu lesen.

9:47 Uhr

Es füllen sich Kisten über Kisten, aber es kam zu einer weiteren kleineren Panne: Wir wollten ein paar unserer Trainingsgewichte mitnehmen (in Summe rund 50kg). Diese hat einer der Neulinge alle zusammen in eine Pappkiste gepackt, die beim Anheben natürlich direkt einmal unter der Last auseinanderbrach. Unabhängig davon wäre es auch keine Freude für die anderen Kollegen gewesen, 50kg zu tragen… Die Kiste musste jedenfalls von der Inventarliste gestrichen werden und die Gewichte mussten dann in drei neue Kisten umverteilt werden. Die Kiste wurde richtig schön Denglisch mit dem Wort “Hanteln” beschriftet (na ob das jemand beim Zoll versteht?).

10:30 Uhr

Nach zweieinhalb Stunden Arbeit war nicht einmal ein Zimmer fertig verpackt und ausgeräumt. Überall lagen Kisten, Verpackungsmaterial, Scheren, Paketklebeband und Sticker herum, aber ein wirklicher Fortschritt war kaum zu erkennen. Wir wurden langsam skeptisch, was unsere optimistische Planung von einem Feierabend gegen Mittag anging.

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11:48 Uhr – Mittagspause

Kurz vor 12 Uhr informierte uns die Umzugstruppe dann darüber, dass sie sich kurz etwas zu Essen besorgen würde und die vier verabschiedeten sich. Wir nutzten die kurze Unterbrechung und liefen schnell zum Paketshop gegenüber, um ein letztes Kleiderkreisel-Päckchen zu verschicken. Außerdem besorgten wir bei Edeka noch schnell Halsbonbons und Teebeutel, denn ich bekam auf einmal ein leichtes Halskratzen und eine Erkältung konnte ich jetzt so gar nicht gebrauchen…

12:30 Uhr

Nach der Mittagspause war unsere Umzugstruppe nunmehr nur noch zu dritt, denn einer der beiden Erfahrenen wurde kurzfristig für einen anderen Umzug abgezogen. Für den weiteren Verlauf verblieben nun also nur noch drei Helfer, von denen zwei komplette Neuanfänger waren und sichtlich langsamer und unerfahrener agierten, als die anderen beiden.

13:00 Uhr

Zu diesem Zeitpunkt waren die Möbel aus dem Schlafzimmer (Ein Bettgestell, ein Nachtisch) sowie die von uns vorgepackten Kisten teilweise im Container verstaut. Einige weitere Produkte waren in Kisten verpackt. Das Wohnzimmer und die Küche, also die Räume mit dem meisten Inhalt, befanden sich aber weiterhin im “Originalzustand”. Zu diesem Zeitpunkt wurde uns bewusst, dass der Umzug wohl garantiert nicht wie geplant um 14 Uhr beendet sein würde. Vorbei war die Hoffnung auf einen entspannten Nachmittag.

Nach kurzer Zeit ging nun auch noch das Pack- und Füllmaterial aus, was zu weiteren Problemen führte. Zum Beispiel wurde mein iMac anstelle von Schutzfolie in alte Handtücher und Klamotten eingewickelt. Altes Zeug, das wir eigentlich aussortiert und auf einer Art “Altkleidersammlung” beiseite geräumt hatten…

Entgegen vorherigen Absprache konnte auf Grund des fehlenden Verpackungsmaterials auch unsere Matratze nicht in eine dafür vorgesehene, atmungsaktive Kiste verpackt werden, sondern wurde eingerollt, in mehrere zusammengebastelte Kleiderkisten gestopft und zugeklebt… Wir waren ein bisschen irritiert über den Umgang mit unseren Sachen und sprachen das Team auch darauf an, aber bekamen nur ein “Ja, was sollen wir sonst tun…” entgegnet. Eigentlich ist extrem wichtig, dass die Matratze atmungsaktiv verpackt ist, da sie immerhin sechs Wochen auf dem Seeweg unterwegs sein wird. Ich befürchte jetzt schon, in Singapur eine verschimmelte Matratze entgegennehmen zu müssen.

15:00 Uhr

Die Zeit verstrich und unsere Wohnung wurde leider nicht merklich leerer, aber die Mitarbeiter sichtlich genervter und unruhig. Wir nahmen uns eine kurze Pause, denn bis dato hatten wir noch nichts gegessen und die Küche war nicht mehr zu benutzen, denn das Geschirr wurde gerade verpackt. Wir brauchten dringend etwas Nervennahrung. Zur Feier des Tages tauten wir das Stück Hochzeitstorte auf, das wir ursprünglich am ersten Hochzeitstag hätten essen sollen, uns aber für den Moment des Auszugs aufgehoben hatten (was ja auch nur einige wenige Monate später war). Leider schmeckte die Torte aber so gar nicht mehr und wir waren richtig glücklich, als wir im Gefrierschrank noch eine Packung Schokoladeneis fanden.

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Der leitende Umzugshelfer wurde übrigens mit jeder Minute sichtlich ungeduldiger und genervter und fluchte ab irgendeinem Zeitpunkt nur noch vor sich hin, da er der einzige war, der die “schwere Arbeit”, also das Hinuntertragen der Boxen und die Koordination übernahm. Um den Prozess zu beschleunigen und eine sich anbahnende Nachtschicht zu vermeiden, fing Daniel irgendwann an zu helfen. Er trug Kisten runter, verpackte noch fehlende Sachen, räumte nebenbei noch den Keller aus und brachte einige Fuhren zum Müll.

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Apropos Keller: Wir haben uns dagegen entschieden, unsere Fahrräder mitzunehmen. Unseren Recherchen nach, ist Singapur keine Fahrrad-freundliche Stadt. Dazu wissen wir nicht, wo wir die Fahrräder in Singapur unterstellen sollen, da Wohnungen in Singapur keine Keller oder anderweitige Unterstellmöglichkeiten haben und auch auf den Straßen keine Fahrräder geparkt werden dürfen.

Update April 2020: Wir befinden uns mitten in der Corona Pandemie und vor einer Woche wurde in Singapur der Circuit Breaker (aka. Lockdown) ausgerufen. Es gilt eine strenge Maskenpflicht, auch draußen im Freien, es denn, man ist sportlich aktiv oder fährt Fahrrad. Jetzt ärgern wir uns sehr, dass wir die Fahrräder nicht mitgenommen haben. Singapur ist zwar keine Fahrradstadt, hat aber mit dem PCN (Park-Connector-Network) und auch entlang des Singapore Rivers viele Möglichkeiten, das Fahrrad zu nutzen… und in den Tiefgaragen der Condos gibt es auch häufig die Möglichkeit, Fahrräder abzustellen. Sollten ihr also vor der Überlegung stehen, eure Fahrräder nach Singapur mitzunehmen – tut es!

16:30 Uhr

Um 17 Uhr sollte unser Sofa abgeholt werden, welches wir über eBay-Kleinanzeigen verkauft hatten. Mit dem Käufer hatten wir vereinbart, die Couch bis zum letzten Tag “behalten” und benutzen zu dürfen. Um 16:30 Uhr stellten wir fest, dass dem Sofa seine Kissen fehlten. Auf Nachfrage beim Umzugsteam entgegneten diese, dass sie die Sofakissen als Füllmaterial verwendet hatten. WTF?! Schnell machten wir uns auf die Suche nach den Kissen, die glücklicherweise noch nicht im Container verladen waren, packten diese aus den Umzugskartons und schüttelten sie aus. Mannomann!

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Ich sprang schnell in die Dusche und machte mich ein wenig frisch, denn um 18:30 Uhr waren wir mit Daniels Eltern im Restaurant zu einem letzten gemeinsamen Abendessen verabredet. Danach verpackte ich alle letzten Kleidungsstücke, Duschgel und Kosmetik in einem kleinen Koffer, den wir am selben Abend mit ins Hotel nehmen wollten und stellte den Koffer bereit. Wir waren fertig, die Umzugshelfer aber leider immer noch nicht.

17:28 Uhr

Der Käufer unseres Sofas kam, um dieses abzuholen. Leider hatte er nicht wie versprochen einen Helfer dabei und deshalb musste Daniel ihm bei dem Heruntertragen der Couch und beim Verladen in seinen Transporter helfen. Eigentlich kein Problem, an diesem Tag hatten wir aber tatsächlich schon genug Stress und dafür eigentlich weder Kraft noch Nerven.Weil Daniel kurz “außer Haus” war, wurde ich auf einmal für Unterschriften und Quittungen herangezogen, denn plötzlich konnte es den Umzugshelfers gar nicht schnell genug gehen. Man drückte mir die Inventarlisten in die Hand, bat mich um verschiedene Unterschriften, drückte mir die Abschrift in die Hand und und dann war auf einmal alles vorbei.

17:36 Uhr

Um 17:36 Uhr war endlich alles verladen. Der Container wurde plombiert und fuhr auf dem Umzugswagen davon, auf dem Weg in Richtung Wilhelmshafen und von dort weiter nach Singapur. Es war schon ein sehr mulmiges Gefühl auf einmal in einer leeren Wohnung ohne Möbel, Kleidung oder sonstige Gegenstände zu stehen und durch das Fenster seinen kompletten Hausstand in einer Metallbox wegfahren zu sehen…

Insgesamt hat die Verpackung und Verladung unseres Hausstandes ganze neun Stunden und 36 Minuten gedauert, also doppelt so lange wie ursprünglich geplant. Und das, obwohl nur der halbe Container gefüllt wurde und wir im Vorfeld extrem viel vorgepackt und beschriftet hatten… Der ganze Umzug war von seitens der Speditionsfirma extrem schlecht vorbereitet und organisiert. Wir sind extrem unzufrieden und jetzt auch ein wenig verunsichert über den Umgang mit unseren Sachen. Wir hoffen einfach, dass alles heil in Singapur ankommt.

18:45 Uhr

Wir haben es mit etwas Verspätung zum gemeinsamen Familienessen bei unserem Lieblingsitaliener Belmonte in Schöneberg geschafft. Ein wirklich schöner Abschluss nach einem physisch aber auch psychisch anstrengenden Tag.

22:00 Uhr

Vom Restaurant aus ging es direkt weiter in das AMANO HOME, in dem wir die letzten zwei Nächte in Berlin verbringen werden, bevor es dann am Mittwoch nach Singapur geht. Aktuell sitzen wir in unserem Hotelzimmer und sind so richtig K.O.. Die letzten zwei Tage waren unglaublich anstrengend und kräftezehrend und wir haben auch die nächsten Tage noch so einiges zu tun. Ich habe inzwischen leider auch echt starke Halsschmerzen und bin echt glücklich, dass ich mir heute Mittag bei Edeka noch Ingwer, Zitrone, Honig und Tee geholt habe. Hoffen wir, dass es mir schnell besser geht, denn ich brauche die nächsten Tage Kraft für die eigentliche Auswanderung!
 
Update Dezember 2019: Unser Container ist inzwischen in Singapur angekommen und ausgeladen. Leider sind bei unserem Umzug sehr viele Schäden aufgetreten. Wir können euch daher nur unbedingt raten bereits an dem Tag alles zu dokumentieren, falls euch etwas merkwürdig oder unprofessionell vorkommt, auch wenn man nicht den Kopf dafür hat! Sonst steht euch wie uns ein langer nerviger Prozess mit der Versicherung bevor, bei dem ihr womöglich nicht das wiederbekommt, was euch an Schaden entstanden ist.
 

1 Comment

  • Elsa Horneke

    Vielen Dank, dass ihr eure Erfahrung mit uns geteilt habt! Ich stelle mir einen solchen Umzug sehr anstrengend vor. Als ich das letzte Mal ins Ausland gezogen bin (und wieder zurück) hatte ich Glück mit der Möbelspedition. Es tut mir leid zu hören, dass bei eurem Umzug viele Sachen beschädigt worden sind. Ich hoffe, ihr konnte das mittlerweile mit der Versicherung klären. Danke für den Beitrag und alles Gute!

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