Was es braucht, um ins Ausland zu gehen
Anhand von unserem Beispiel wird offensichtlich, dass der Gang ins Ausland erstens nicht so leicht ist, wie man vielleicht denken mag und zweitens von verschiedenen Faktoren abhängt, die man mitunter nicht beeinflussen kann.
Uns hat am Ende das bessere Angebot dazu bewogen, Singapur den USA vorzuziehen. Wobei sich dadurch nicht nur das Zielland, sondern auch die Art dem Auslandsaufenthalt verändert hat. Denn wir sind nicht – wie ursprünglich gewünscht – klassisch ausgewandert, sondern im Rahmen einer Versetzung nach Singapur gegangen. Der Wunsch in die USA zu gehen, besteht damit weiterhin, aber fürs Erste sind wir ganz glücklich, aktuell in Singapur zu sein und dankbar für die vielen Erfahrungen, die wir bereits machen konnten und von denen wir dann bei unserem nächsten Umzug ins Ausland (und der kommt bestimmt!) profitieren können.
In jedem Fall wissen wir jetzt, dass der Umzug in ein fremdes Land – egal wie groß der Wunsch danach ist – auch emotional sehr belastend sein kann und sich nicht nur auf Visumsanträge, die Wohnungs- oder Arbeitsuche im Ausland beschränkt. Mit der richtigen Vorbereitung und Erwartungshaltung kann man aber gelassener an die Sache herangehen und auch seine Entscheidungen souveräner fällen.
Also: Was braucht es, um ins Ausland zu gehen? Zunächst einmal: Es reicht leider nicht aus, von einem Leben im Ausland zu träumen. Man muss dafür im wahrsten Sinne des Wortes hart arbeiten. Hier sind ein paar Anstöße:
Welche Möglichkeiten bietet mein Job?
Um an sein Ziel zu kommen, sollte man jegliche Schritte darauf ausrichten, vor allem was den Beruf angeht. Manche Berufe sind von vorneherein sehr international, während andere auf ein bestimmtes Land limitiert sind. Letztes ist nicht besonders hilfreich beim Traum ins Ausland zu gehen. Auf der anderen Seite sind es gerade die besonderen Spezifikationen, die den entscheidenden Vorteil für ein anderes Land bieten können. Es schadet also nie, sein Skillset zu schärfen und an seinem Profil zu arbeiten, um im entscheidenden Moment richtig aufgestellt zu sein.
Bei der Jobsuche habe ich persönlich schon immer darauf geachtet, dass das Unternehmen eine Niederlassung oder Dependance in den Staaten hatte. Und auch, wenn mein Arbeitsort dennoch in Berlin bzw. Deutschland war, bestand so zumindest immer die Option, beim Arbeitgeber nach einer Versetzung zu fragen. Bei mir hat das zwar leider nie geklappt, aber tatsächlich sind wir am Ende über Daniels Arbeitgeber ins Ausland gegangen. Es lohnt sich also, bereits bei der Jobsuche die Möglichkeiten zu prüfen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Weg ins Ausland über den Arbeitgeber zweifellos der bequemere und auch sicherere ist. Gleichzeitig ist man dadurch aber auch in gewisser Weise eingeschränkt und weniger flexibel, was zum Beispiel die Wahl des Standorts angeht. Ein Grund, warum wir letztendlich in Singapur und nicht in den USA gelandet sind. Die Einschränkung kann aber auch weitreichendere Folgen haben: Manche Unternehmen verpflichten ihre Entsendeten zum Beispiel für bestimmte Zeit, oder erheben Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung. Das ist irgendwo verständlich, denn auch der Arbeitgeber hat ein Interesse an der Entsendung und möchte den Mitarbeiter dadurch nicht nur stärker an sich binden, sondern mit entsprechenden Maßnahmen eben auch einen Weggang kurz nach dem (teuren) Umzug verhindern. Man sollte sich also bewusst machen, dass der Gang ins Ausland mit einem Job zwar in der Regel einfacher und reibungsloser abläuft wird, der Arbeitgeber dadurch aber auch in vielerlei Hinsicht ein Mitspracherecht hat.
Bin ich finanziell abgesichert?
Wo wir schon über Finanzen sprechen: Man sollte sicherstellen, dass man genug Geld angespart hat, um für eine gewisse Zeit im Ausland alleine zu überleben – egal, ob man mit oder ohne Arbeitgeber umgezogen ist. Das Leben im Ausland wird voraussichtlich (erst einmal) viel teurer sein und es werden Kosten auf einen zukommen, mit denen man vielleicht weder gerechnet noch geplant hat. Außerdem verlangen manche Länder bei der Einreise auch einen gewissen Kontostand. Ich würde daher empfehlen, mindestens sechs Monatsgehälter beiseite zu legen – sicher ist sicher.
Ist meine Motivation die richtige?
Viele scheinen die Illusion zu haben, dass im Ausland alles besser ist. Dass es im neuen Land weniger Sorgen und Probleme geben wird. Obendrein ist vielleicht auch das Wetter besser. Und gerade wenn es im neuen Land wärmer und sonniger ist, als in der Heimat, kann man sich von diesem vermeintlichen “Urlaubsfeeling” durchaus blenden lassen. Manche entfliegen deshalb im wahrsten Sinne des Wortes der Heimat – nur um im neuen Land auf die gleichen Probleme zu stoßen. Denn leider gibt es so etwas wie ein “neues Leben im Ausland” nicht. Klar, die Umgebung ist anders, aber die Person ist immer noch die gleiche.
Als wir nach Singapur gezogen sind, haben wir von verschiedenen Freunden immer wieder den Spitznamen “Urlauber” aufgedrückt bekommen und anstatt nach den Herausforderungen im neuen Land und den Schwierigkeiten bei der Anpassung zu fragen, wurde sich viel mehr nach dem Wetter und dem Strand erkundigt. Letztendlich ist der Gang ins Ausland aber nun mal kein Urlaub, sondern eine echte Herausforderung und es werden ganz sicher unvorhergesehene Ereignisse und Situationen kommen, die es dann zu stemmen gilt. Mit der Auswanderung wird sicher nicht “alles besser”, es wird nur anders. Von daher sollte man sich ganz genau im Klaren darüber sein, woher die Motivation für den Schritt ins neue Land kommt und ob sie die richtige ist.
Mach dich auf eine emotionale Achterbahnfahrt gefasst!
Selbst wenn man selbst aus tiefstem Herzen weiß, dass man unbedingt ins Ausland gehen möchte und die besten Gründe hat, dann bedeutet das noch lange nicht, dass seine Eltern oder Freunde das verstehen. Oder um es klar zu sagen: Es wird Menschen im Umfeld geben, die den Wunsch nicht nachvollziehen können. Und damit einhergehen wird auch das fehlende Verständnis für den gesamten Prozess, sowohl bei der Vorbereitung, als auch bei der Eingewöhnung im Ausland. Man sollte sich also besser auf jegliche Art von unbeholfenen Reaktionen vorbereiten und ebenso auf die Absicht, einen zum Bleiben bewegen zu können. Das ist zu Beginn zwar recht schmeichelhaft, aber nach einer Weile kann einen das auch verunsichern, insbesondere, wenn die Leute, die einem am Herzen liegen, offensichtlich traurig über die Entscheidung sind und einen eigentlich nicht gehen sehen wollen.
Unsere Familie und Freunde haben ganz unterschiedlich auf die Nachricht, dass wir wegziehen werden, reagiert. Manche haben sich sehr für uns gefreut und vor allem die Chance für uns gesehen, andere konnten den Wunsch eher weniger nachvollziehen. Aber alle waren ziemlich traurig. Dadurch fiel es uns nicht gerade leichter zu gehen. Und ganz besonders in den letzten Wochen vor unserem Umzug wollten unsere Lieben verständlicherweise so viel Quality-Time wie möglich mit uns verbringen. Das hat dazu geführt, dass wir so kurz vor der großen Veränderung die wahrscheinlich die beste Zeit unseres Lebens in unserer Heimatstadt hatten. Entsprechend gab es den ein oder anderen Moment, in dem man sich schon gefragt hat, warum man überhaupt wegziehen möchte. Aber ehrlicherweise war das auch ein Trugschluss, denn die Zeit war nun mal vor allem deshalb so schön, weil sie so begrenzt war. Wären wir nicht weggezogen, wäre das Leben vermutlich genauso weitergegangen, wie bisher.
Man sollte sich aber in jedem Fall auf eine emotionale Achterbahnfahrt einstellen und sich immer wieder in Erinnerung berufen, warum man den Schritt ins Ausland wagt, was die Beweggründe dafür sind und dass das Leben kurz vor der Abreise nicht die Realität darstellt.
Routinen und Alltag zu schätzen wissen
Egal wie sehr man sich auf den Schritt ins Ausland und das neue Abenteuer freut, es ist gut möglich, dass einem die Abreise am Ende dennoch schwerfällt. Das ist ganz normal, denn immerhin ist es ein riesengroßer Schritt, den Ort zu verlassen, an dem man seine Wurzeln, seine Familie und seine besten Freunde hat. Und mit der Heimat ist eben auch eine gewisse Sicherheit und Stabilität verbunden, die man durch den Gang ins Ausland (vorerst) aufgibt. Auch wenn es vielleicht komisch klingt, aber mir fehlt manchmal tatsächlich die Berliner Schnauze oder der mürrische Kassierer an der Supermarktkasse. Zwei Dinge, die ich in Berlin eigentlich gehasst habe. Aber immerhin wusste ich, worauf ich mich beim Bezahlen an der Supermarktkasse einstellen kann. Es sind eben doch die Gewohnheiten, die einem das Gefühl von Sicherheit und Stabilität geben. Im Ausland hat man vorerst erstmal keine altbewährten Routinen entwickelt und entsprechend turbulent kann es gerade zu Beginn werden.
Aber am Ende ist es eben genau das, was den Gang ins Ausland so spannend macht, oder? Life begins at the end of your comfort zone.
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