Denunziation

Bei unseren “Reisen“ in die verschiedenen Nachbarschaften Singapurs ist uns etwas Komisches passiert. Wir saßen vor einem Café und warteten auf unseren Tisch. Es war brechend heiß und wir waren schon einige Kilometer gelaufen, deshalb hatten wir mächtig Durst. Glücklicherweise hatten wir eine Flasche Wasser dabei. Als Daniel seine Gesichtsmaske hochklappte, um einen Schluck zu nehmen, wurde er vom Kellner darum gebeten, die Maske sofort wieder richtig aufzusetzen (obwohl Daniel genau in diesem Moment aus der Flasche trank).

Etwas irritiert ließen wir uns zu unserem Tisch begleiten und der Vorfall war eigentlich vergessen, bis die gleiche Situation eine Weile später erneut eintraf. Diesmal war es ein anderer Kellner, der mich auf meine Maske aufmerksam machte, während ich gerade an meinem Wasserglas nippte. Ich war völlig irritiert und verschluckte mich erst einmal beinahe an meinem Wasser.

In Singapur gilt eine allgemeine Maskenpflicht „außerhalb der eigenen Residenz“, allerdings darf man den Mundschutz beim Essen und Trinken im Restaurant oder schwerem Atmen ablegen (wie soll man das mit verdecktem Mund auch anders anstellen?). Der Kellner fragte uns, ob wir noch etwas bestellen wollten. Eigentlich hätte ich tatsächlich noch etwas gewollt, aber die Situation war irgendwie ein wenig unangenehm, deshalb orderten wir die Rechnung.

Beim Bezahlen wurden wir gefragt, ob wir zufrieden gewesen wären. Da es sich zufälligerweise um den Manager handelte, sprach ich ihn auf die beiden Situationen an. Daraufhin erfuhren wir, dass Nachbarn Fotos von den Gästen des Cafés machen würden, insbesondere von denen, die keine Maske tragen (also allen, weil besagte Regelung dazu steht ja oben). Diese Fotos werden dann mittels einer eigens dafür entwickelten App bei der Regierung eingereicht. Zur Belohnung gibt es McDonalds-Gutscheine.

Dem Café drohen dadurch allerdings hohe Geldstrafen und im schlimmsten Fall sogar die Zwangsschließung. Das kann es sich (insbesondere nach dem dreimonatigen Lockdown) natürlich nicht erlauben, entsprechend penibel achtet die Belegschaft auf das „Einhalten der Regeln“, auch wenn es in manchen Fällen absurd erscheint. Eigentlich ist es ja auch nur nett, denn den Gästen auf dem Foto droht ebenfalls eine Geldstrafe, Expats theoretisch sogar die sofortige Beendigung des Arbeitsvisums. Der Manager, der übrigens selbst aus einem europäischen Land kommt, erklärte uns, die Wahlen stünden bevor und deshalb verschärfe sich der Unmut. Insbesondere der gegenüber Ausländern, die sich „nicht anpassen wollen“. Es sei ein Kampf, den wir nicht gewinnen können. Also müssen wir uns wohl an die Regeln halten, ob wir sie verstehen oder nicht.

Diese Erfahrung hat uns ziemlich nachdenklich gestimmt und wir wissen nicht so recht, was wir davon halten sollen. Ist das noch Solidarität im Kampf gegen das Virus? 


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