Die erster Woche in Kalifornien: Bankkontos, potenzielle Nachbarschaften und vieles mehr


Aus Gesprächen mit Freunden und Familie und aus meiner eigenen Erfahrung aus der Anfangszeit in Singapur weiß ich, dass so ein Umzug ins Ausland nach Außen hin total spannend und manchmal auch beneidenswert wirken kann. Wie oft habe ich gehört “Ach, das könnte ich mir auch gut vorstellen”, wenn ich von unseren Plänen erzählt habe? Nun, die Wahrheit ist: Es ist vor allem irre anstrengend, organisatorisch aufwendig und ganz schön nervenaufreibend. Auch wenn ich lange diesen einen Traum habe (hatte?), meine Ziele verfolge und meinen Lebensstil für keinen anderen der Welt tauschen würde, fliegt mir dennoch nicht alles zu, sondern es steckt eine ganze Menge Arbeit dahinter. Und so hatten wir in den ersten Tagen nach unserer Ankunft in den USA extrem viel zu tun. Obwohl wir natürlich viel lieber an die Traumstrände von Kalifornien gefahren wären um die Füße hochzulegen.

Aber, um das langfristig machen zu können, mussten wir erst einmal eine Basis schaffen: Dazu gehören mitunter: Die Social Security Number beantragen (ohne die geht in den USA gar nichts – dazu gibt es bald noch einmal einen ausführlichen Beitrag), lokale Bankkonten eröffnen, einen Mobilfunkplan abschließen bzw. eine amerikanische Prepaidkarte kaufen, den kalifornischen Führerschein machen, eine Wohnung finden, ein Auto organisieren…

Ihr seht, das ist erstmal eine ganze Menge. Und da Daniel gerade mal eine Woche frei hatte, bevor er seinen neuen Job anfangen würde, wollten wir so vieles wie möglich in den ersten paar Tagen erledigen. Allen voran derer, die seine physische Anwesenheit oder seine persönliche Meinung erforderten. Eine Prepaidkarte hätte ich theoretisch auch ohne ihn organisieren können, beim Erkunden von potenziellen Nachbarschaften wollte er aber gerne dabei sein und das Eröffnen eines Bankkontos ging nicht ohne sein Beisein.

Wir hatten das Glück, dieses Mal eine Relocation Agentur zur Seite gestellt zu bekommen. Agent Laura sollte uns in den ersten paar Tagen die Umgebung zu zeigen, Agent Lynn half uns bei der Organisation von Terminen und stand uns für alle möglichen Fragen zur Seite. Zu Beginn empfanden wir das als etwas überflüssig, immerhin waren wir keine Ausland-Neulinge, sondern hatten all diese Prozesse bereits in Singapur durchlaufen. Am Ende waren wir aber doch sehr dankbar für die Unterstützung, denn die Prozesse scheinen hier auf den zweiten Blick doch um einiges komplexer zu sein. Dazu ist Singapur als Stadtstaat ohnehin für seine Effizienz und Schnelligkeit bekannt, was man von San Francisco eher nicht behaupten kann…

Für Neulinge in den USA ist das allerwichtigste die Social Security Number, ohne die hier wie gesagt gar nichts geht. Deshalb sollten wir Agent Laura direkt am zweiten Tag nach unserer Ankunft morgens im Social Security Administration Office treffen. Sie schlug den Standort Daly City vor. Dieser liegt im Süden von San Francisco und ist wohl ihrer Erfahrung nach normalerweise weniger voll. Der kalifornische Verwaltungsapparat scheint zudem ganz ähnlich zu funktionieren wie der in Deutschland. Zumindest bot Laura an, weitaus vor Öffnung um 09:00 Uhr zum Social Security Administration Office zu fahren, um als eine der ersten eine Wartenummer für uns ziehen zu können. Leider erfuhren wir bei unserer Ankunft in Daly City allerdings, dass sich die Regeln auf Grund der Pandemie geändert hätten, und wir erst 14 Tage nach Ankunft in den USA einen Termin für die Beantragung der Social Security Number machen könnten. Dadurch konnten wir auch die Suche nach einem Auto vorerst auf Eis legen, denn auch hierfür benötigt man diese und/oder einen ordentlichen Credit Score.

Eröffnung eines Bankkontos

Wofür man glücklicherweise nicht zwingend eine Social Security Number braucht, ist ein Bankkonto. Und da wir jetzt eh schon so früh nach Daly City gekommen waren, schlug Laura vor, als nächstes ein Konto bei einer der dort ansässigen Banken zu eröffnen. Eigentlich empfahl uns Laura die Bank of America, allerdings war deren System ausgerechnet an diesem Tag kaputt, weshalb wir zur Bank of the West ausweichen mussten. Eine Entscheidung, die wir im Nachhinein bitter bereuen, denn diese Bank hat uns bisher nur Probleme bereitet. Ich weiß natürlich nicht, ob Bank of America besser gewesen wäre, aber zumindest sehe ich ständig ATMs und Automaten, was ich von der Bank of the West nicht behaupten kann. Und alleine das wäre schon ein Vorteil, da man ja gerade am Anfang im Ausland auf (Bar-)geld angewiesen ist und es sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten kann, auf Grund von nicht funktionierenden Bankkarten und non-existenten ATM’s kein Geld bei Hand zu haben.

Positiv über die Bank of the West hervorzuheben ist der freundliche Kontakt zu einem Servicemitarbeiter, der uns an die Seite gestellt wurde und welcher eigentlich jederzeit per E-Mail oder SMS erreichbar ist. Sowie die Möglichkeit, einen Joint Account anzulegen, der auf unsere beiden Namen läuft und zu dem jeder eine eigene Bankkarte bekommt. Etwas, das in Deutschland gar nicht so selbstverständlich und meiner Erfahrung nach nur bei einigen Banken möglich ist.

Die Nachbarschaften von San Francisco

Nachdem wir die Bankkonten erfolgreich eröffnet hatten, wollte uns Laura noch ein wenig durch San Francisco fahren, um uns potenzielle Nachbarschaften und Wohnanlagen zu zeigen. Wir waren zwar im Vorfeld schon mehrmals in San Francisco gewesen, aber es ist ja doch etwas anderes, als Tourist in der Stadt zu sein. Und nach unserer Erfahrung am Vortag wussten wir eines ganz genau: Mitten in der Stadt aka dem Tenderloin von San Francisco wollten wir ganz bestimmt nicht wohnen. Von Daly City aus sind wir eine ganze Menge Nachbarschaften abgefahren und Laura hat uns hier und dort ein Apartmenthaus mit freien Wohnungen inklusive des Preises und der Ausstattungsmerkmale gezeigt. Leider sind wir nur selten ausgestiegen, um die Gegend zu erkunden, aber dennoch war die Tour super nützlich, um einen ersten Eindruck in die Wohngegenden zu bekommen.

  • Noe Valley – Eine kleine, überschaubare Nachabrschaft in den Noe Hills, mit ein paar wenigen lokalen Bäckereien (meist französisch), Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten rund um die Ankerstraße (24th).

  • Castro – Eine Nachbarschaft, die Stark an Berlin-Schöneberg erinnert, da hier die LGBT+ Community residiert und die Bewohner allgemein als sehr liberal, offen und gemeinschaftlich bezeichnet werden. Man sieht überall Regenbogen, selbst in Form von Flaggen an den Häusern und als Fähnchen-Schmuck über Kreuzungen gespannt. Hier befindet sich auch das prunkvolle Castro Theatre und das GLBT Historic Museum. Außerdem gibt es ein paar gemütliche Restaurants, Barista-Cafés und Erotikshops.

  • Mission Dolores – Die hippe kleine Schwester des Dolores-Viertels (das leider für seine vielen Obdachlosen bekannt ist) mit der Valencia Street, das eine Vielzahl an lebendigen Restaurants, Dive Bars und süßen kleinen Boutiquen und Cafés sowie angesagten Marken (Everlane, Taylor Stitch) aufreiht.

  • Cole Valley / Haight-Ashbury – Geburtsort der Gegenkultur der 1960er-Jahre, das bis heute mit seinem historischen Hippieflair ein lebhaftes, vielfältiges Publikum anzieht und mit allerlei Vintage Fashion Boutiquen, Schallplattenläden, Buchhandlungen, Kneipen und vielen zwanglosen Restaurants aufwartet.

  • Pacific Heights / Cow’s Hollow – Ähnlich hippe, dynamische Nachbarschaften wie Mission Dolores, allerdings deutlich nobler und gehobener und mit architektonisch wichtigen Bauwerken im Viktorialstil. Da die Bezirke auf den Hügeln liegen, gibt es an beinahe jeder Straßenkreuzung beeindruckende Aussichten auf die Bucht und die Golden Gate Bridge. Die Filmore Street in Pacific Heights ist ein lebhaftes Zentrum mit edlen Modeboutiquen und Cafés, während die Union Street in Cow Hollow voller schicker Modeboutiquen, Pilates-Studios und Schönheitssalons ist. In beiden Bezirken gibt es quasi keine Obdachlosen.

  • Marina – Sehr malerisches Viertel nördlich von Pacific Heights, das für seine lebhaften Bars und Restaurants bekannt ist. In der Mitte befindet sich ein riesiger Park mit Rasenflächen, Lauf- und Radwegen und einem tollem Blick auf die Golden Gate Bridge und Alcatraz.

  • North Beach / South Beach – Zwei eher gehobene Stadtteile an der Bucht, getrennt durch die Bay Bridge und das Ferry Building. Während North Beach eher italienisch geprägt ist, mit vielen authentischen Trattorien und Cafés, befindet sich in South Beach der Oracle Park und der Hauptsitz vieler großer Marken (Mozilla Firefox), wobei das urbane Flair in beiden erhalten bleibt.

  • SOMA – “South of Market Street” – der Name deutet bereits auf die Nähe zur Market Street und dem Tenderloin District direkt darüber hin. SOMA soll gehoben, trendy und lebendig sein, aber Covid hat hier leider seine Spuren hinterlassen, denn die Gegend war bei unserer Tour wie ausgestoben. Viele Geschäfte hier sind entweder permanent geschlossen, oder verbarrikadiert und durch die fehlenden Restaurants und Coffee Shops sieht man hier quasi niemanden auf der Straße. SOMA umfasst jedoch theoretisch auch Mission Bay und South Beach sowie den Design District, auf die ich gesondert eingehe. Betrachtet man alle Kieze als eine Wohngegend, so hat diese sicherlich ihre Vorteile mit ihrer Nähe zu Sportspielen und Musikfestivals im Chase Center sowie industriell-angehauchten Restaurants in alten Lagerhäusern… zudem soll es hier das ganze Jahr über sonniger sein, als in anderen Nachbarschaften, insofern hätte die Gegend theoretisch all unsere Bedürfnisse erfüllt… wäre sie nicht eben so ausgestorben und durch ihre Nähe zum Tenderloin teilweise auch gruselig gewesen.

  • Mission Bay / Dogpatch / Design District – Sehr neue und aufstrebende Viertel mit weiteren Headquarters bekannter Marken (Uber, Adobe) und einem industriellen Flair mit vielen Lagerhäusern, Häfen und weitläufigen Ausblicken auf die Bay sowie dem kürzlich neueröffneten Chase Center, der Heimat der Golden State Warriors.

  • Potrero Hill – Ein familienfreundliches, eher gehobenes Viertel, das dafür bekannt ist, dass es immer sonnig ist, da es auf den Hügeln liegt. Rund um die Hauptstraße (18th) gibt es Bars und Restaurants, aber es ist hier deutlich weniger geschäftig und lebendig als zum Beispiel Pacific Heights.

Jeder, der sich in San Francisco ein wenig auskennt, wird schnell festgestellt haben, dass wir quasi einmal nach Norden und dann entlang der Ostküste gefahren sind. Im westlichen Teil der Stadt haben wir uns gar keine Nachbarschaften angeschaut, obwohl zum Beispiel Outer Sunset oder Richmond District sehr wohl zu den beliebteren Teilen der Stadt zählen. Allerdings sind diese Nachbarschaften durch ihre Nähe zum Pazifik auch viel viel nebeliger und weniger sonnig und dadurch auch kühler und windiger, als die im östlichen Teil. Agent Laura hat uns erklärt, dass man quasi eine horizontale “Nebellinie” ziehen kann, vom Panhandle ausgehend und der Twin Peaks, außerdem halten die großen Hügel (Noe Valley, Potraro Hill) den Nebel weitestgehend ab. Wer mich kennt, der weiß, dass ich die Sonne liebe und helle, lichtdurchflutete Wohnungen, aber auch Gegenden bevorzuge, deshalb stand für uns außer Frage, in ein sonniges Gebiet zu ziehen.

 

Weitere Nachbarschaften in Oakland und Alameda County

Wenn man es ganz genau nimmt, arbeitet Daniel in Alameda und nicht in San Francisco, weshalb wir durchaus auch offen waren, Nachbarschaften in Oakland und Alameda County in Betracht zu ziehen. Allerdings hat Oakland jetzt nicht den besten Ruf und von Alameda hatten wir zugegebenerweise noch nie etwas gehört. Laura konnte uns jedoch vom Gegenteil überzeugen und zeigte uns ein paar wirkliche nette Gegenden in Oakland und Alameda, als wir uns am zweiten Tag mit ihr verabredeten.

Temescal, Oakland

Wir trafen uns als erstes in Temescal, eines der pulsierensten Viertel Oaklands, das wohl gerade am Aufstreben ist, obwohl es zu den ältesten der Stadt zählt. Temascal ist für seinen spannenden Mix aus Stadt und Vorstadt bekannt und wohl eine sehr liberale Gemeinschaft, mit vielen Bars und Barista Cafés und trendigen Boutiquen. Laura hatte einen Besuch in einem Apartmentkomplex arrangiert, um uns einen Eindruck von der Größe der Wohnungen, dem Preis-Leistungs-Verhältnis und den Einrichtungen zu vermitteln, die es in Apartmentkomplexen in dieser Gegend im Allgemeinen gibt.

Das The Logan ist sehr neu und modern gestaltet und hat eine beeindruckende Eingangshalle mit einer 25.000 Quadratmeter großen Dachterrasse, von der man die Bucht und San Francisco überblicken kann. Besonders gut gefallen hat mir die kleine Gemüsefarm auf dem Dach – ein tolles Konzept und so typisch für die Bay Area. Leider gab es im The Logal keine freien Wohnungen mehr, sodass dieser Apartmentkomplex leider für uns rausfiel. Schade, wir hätten es uns durchaus vorstellen können, hier zu wohnen.

Lake Merrit & Adams Point, Oakland

Danach führte uns Laura noch durch Oakland und zeigte uns verschiedene Stadtteile, in denen wir uns ihrer Meinung nach wohlfühlen könnten. Die Gegend um den Lake Merrit schien attraktiv zu sein, und von dem, was ich sehen konnte, gefiel mir Adams Point besonders gut, aber wir beschlossen, dass wir uns in Oakland nicht wohlfühlen würden. Das hat nichts mit Oakland und seinem schlechten Ruf zu tun, sondern war unser persönliches Bauchgefühl.

Piedmont

Deshalb hatten wir etwas Zeit, um nach Piedmont (eine kleine Stadt in der Nähe von Oakland, mit wirklich ansehnlichen Villen und von Bäumen gesäumten Straßen) und nach Montclair zu fahren, wo ich wieder einmal von Amerikas Coffee Shops positiv überrascht wurde. (Highwire Coffee Roasters!!!)

Alles in allem sehr ihr, dass unsere ersten Tage in den USA ganz und gar nicht aus Sonne und Strand bestanden, sondern eher aus dem Organisieren wesentlicher Dinge für unser Leben hier und dem Erkunden der Gegend, was überraschend umfangreich und zeitaufwändig war. Nichtsdestotrotz hat es Spaß gemacht und war aufregend, in 48 Stunden so viel über San Francisco und die East Bay zu lernen, und es hat uns bei unserer Entscheidung, wohin wir ziehen werden, sehr geholfen… denn wir werden definitiv nach San Francisco ziehen, das steht nun fest!

Bis zum nächsten Mal!


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